Claus Erhard

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Unterbringung in einer Entziehungsanstalt nach § 64 StGB

Die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt gemäß § 64 StGB ist eine besondere strafrechtliche Maßnahme, die sowohl dem Schutz der Allgemeinheit als auch der Rehabilitation des Täters dient.

I. Was bedeutet „Hang zum Alkohol oder anderen berauschenden Mitteln“?

Der Begriff „Hang“ im Sinne des § 64 StGB bezeichnet eine tief verwurzelte Neigung des Täters, immer wieder Alkohol oder andere berauschende Mittel im Übermaß zu konsumieren. Diese Neigung ist nicht bloß gelegentlich, sondern geprägt von einem wiederkehrenden Muster, das auf eine psychische oder physische Abhängigkeit hindeutet. Wichtig ist, dass es sich dabei um ein Verhalten handelt, das so stark ausgeprägt ist, dass es zu erheblichen Straftaten führen oder führen kann.

Ein solcher Hang kann sich in verschiedenen Formen äußern:

  • Ständiger oder wiederkehrender Konsum: Der Täter konsumiert regelmäßig und in erheblichem Maße Suchtmittel, was seine soziale und berufliche Leistungsfähigkeit beeinträchtigt.
  • Psychische Abhängigkeit: Auch ohne körperliche Entzugserscheinungen kann eine psychische Abhängigkeit vorliegen, die das Verlangen nach dem Suchtmittel immer wieder hervorruft.
  • Negative Auswirkungen auf das Verhalten: Der Hang muss zu Handlungen führen, die im Zusammenhang mit der Sucht stehen, wie z. B. Straftaten zur Beschaffung von Drogen oder aggressiven Verhaltensweisen im Rauschzustand.

II. Voraussetzungen des § 64 StGB

  1. Vorliegen eines Hanges: Wie bereits beschrieben, muss der Täter einen Hang zu Alkohol oder anderen berauschenden Mitteln haben, der dazu führt, dass er rechtswidrige Taten begeht.
  2. Straftaten im Zusammenhang mit dem Hang: Die begangene Straftat muss entweder direkt im Rauschzustand begangen worden sein oder auf den Hang des Täters zurückzuführen sein. Dies umfasst sowohl Straftaten, die unter Alkoholeinfluss begangen wurden, als auch solche, die begangen werden, um den Konsum zu ermöglichen.
  3. Prognose künftiger Straftaten: Es muss eine konkrete Gefahr bestehen, dass der Täter auch in Zukunft erhebliche Straftaten begehen wird, wenn er nicht behandelt wird.
  4. Therapieaussicht: Die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt kann nur angeordnet werden, wenn einekonkrete Aussicht besteht, dass der Täter durch die Therapie geheilt oder zumindest für eine erhebliche Zeit von weiteren Straftaten abgehalten wird.

III. Typische Fallkonstellationen

Die Anordnung der Unterbringung nach § 64 StGB erfolgt häufig in folgenden Szenarien:

  • Beschaffungskriminalität: Der Täter begeht Starftaten, um seine Suchtmittel zu finanzieren.
  • Straftaten im Rauschzustand: Dazu gehören Körperverletzungen, Verkehrsstraftaten oder Sachbeschädigungen, die unter dem Einfluss von Alkohol oder Drogen begangen werden.
  • Verminderte Schuldfähigkeit: In einigen Fällen führt die Suchterkrankung zu einer verminderten Schuldfähigkeit (§ 21 StGB) oder sogar zu Schuldunfähigkeit (§ 20 StGB), was die Anordnung der Unterbringung erforderlich machen kann.

IV. Ablauf des Ermittlungsverfahrens und der Unterbringung

Bei einer möglichen Unterbringung nach § 64 StGB ist die Begutachtung durch einen Sachverständigen entscheidend. Das Gericht muss die Einschätzungen des Sachverständigen prüfen und im Urteil nachvollziehbar darstellen, insbesondere wenn es von den Empfehlungen abweicht. Der Angeklagte muss während der Hauptverhandlung auf die Möglichkeit einer Unterbringung hingewiesen werden, falls dies nicht bereits in der Anklageschrift oder im Eröffnungsbeschluss geschehen ist.

V. Dauer der Unterbringung

Die Dauer der Unterbringung richtet sich nach § 67d StGB und beträgt grundsätzlich zwei Jahre. Diese kann jedoch, wenn gleichzeitig eine Freiheitsstrafe verhängt wurde, bis zu zwei Drittel der Haftdauer verlängert werden. Diese Regelung kann in bestimmten Fällen zu einer verlängerten Freiheitsentziehung führen. Die tatsächliche Dauer hängt vom individuellen Fall ab, wobei durchschnittlich etwa zwei Jahre angenommen werden. Es ist zu beachten, dass der Maßregelvollzug schrittweise Erleichterungen ermöglicht, wie beispielsweise die Gewährung von Urlaub, sobald Fortschritte in der Therapie erkennbar sind. Nach Verbüßung der Hälfte seiner Freiheitsstrafe kann der Untergebrachte eine Aussetzung der Reststrafe zur Bewährung beantragen. Falls die Voraussetzungen dafür nicht erfüllt sind, besteht auch die Möglichkeit, eine Aussetzung der Strafe zur Therapie gemäß § 35 BtMG zu beantragen.

VI. Fazit 

Die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt gemäß § 64 StGB kann eine Chance für Täter mit Suchterkrankungen darstellen, ihre Lebenssituation langfristig zu verbessern. Gleichzeitig ist sie eine komplexe Maßnahme, bei der immer wieder Fehler sowie daraus entstehende negative Konsequenzen mit sich bringt, sodass eine fundierte rechtliche Begleitung erforderlich ist. Wenn Sie von einem solchen Verfahren betroffen sind, zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Vereinbaren Sie noch heute einen Termin für eine persönliche Besprechung in München oder ein Telefonat über unsere Website https://termin.rechtsanwalt-erhard.de.